Feministische Außen- und Entwicklungspolitik
Die deutsche Bundesregierung bekennt sich im Koalitionsvertrag 2021-2025 zu einer Feminist Foreign Policy:
«Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir im Sinne einer Feminist Foreign Policy Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit stärken und gesellschaftliche Diversität fördern.»
Die Leitlinien des Auswärtigen Amtes zum Thema “Feministische Außenpolitik gestalten” wurden im Februar 2023 veröffentlicht. Im März 2023 hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik vorgelegt.
Auf dieser Seite finden Sie Informationen darüber, was feministische Außen- und Entwicklungspolitik bedeutet und warum sie wichtig für die Gleichstellung der Geschlechter ist.
Was ist feministische Außenpolitik?
Feministische Außenpolitik setzt sich für den Abbau von patriarchalen Strukturen und Gewaltverhältnissen ein. Sie erkennt Geschlechtergerechtigkeit als eine zentrale Voraussetzung für Frieden an. Für sie ist die Überwindung struktureller Gewalt, die aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Rassifizierung, sexueller Orientierung, Behinderungen und anderen mehrfach ineinandergreifenden Diskriminierungskategorien ausgeübt wird, grundlegende Voraussetzung für Frieden und menschliche Sicherheit. Damit stellt feministische Außenpolitik Menschen in den Mittelpunkt politischer Entscheidungen.
Frauen, Frieden, Sicherheit
Feministische Außenpolitik weltweit baut auf der „Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit“ (Resolution 1325 und Folgeresolutionen) auf. Frauen und marginalisierte Gruppen erleben Kriege und Konflikte aufgrund ihrer gesellschaftlich zugeschriebenen Rollen anders und können auf eine andere Weise zu Friedensprozessen beitragen. Auf lange Sicht möchte die feministische Außenpolitik die Utopie einer weltweiten Abrüstung erreichen. Jedes Land mit einer feministischen Außenpolitik setzt die Ziele unterschiedlich um, aber es herrscht Konsens über die Grundsätze. Menschliche Sicherheit und die Bedürfnisse und Perspektiven marginalisierter Gruppen stehen im Vordergrund, nicht die militärische Stärke.
Rechte: Frauenrechte sind Menschenrechte und müssen auf der ganzen Welt gestärkt werden.
Ressourcen: Maßnahmen und Initiativen zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Stärkung von Frauen müssen mit ausreichenden finanziellen Ressourcen ausgestattet werden. „gender-budgeting“ muss umgesetzt werden.
Repräsentanz: Frauen sollen gleichberechtigt an Verhandlungen und Entscheidungen teilhaben.
Diversität: Der Fokus feministischer Außen- und Entwicklungspolitik liegt nicht ausschließlich auf Frauen, sondern auf allen marginalisierten Gruppen.
Welche Länder entwickeln eine feministische Außenpolitik?
Im Jahr 2014 hat Schweden als erstes Land weltweit eine feministische Außenpolitik eingeführt. Dies geschah unter der Außenministerin Margot Wallström, die geprägt war durch ihr Amt als erste UN-Sonderbeauftragte für sexualisierte Gewalt in Konflikten. Sie wählte den Begriff „feministisch“ mit dem Wissen, dass er Aufsehen und Diskussionen erzeugen würde. Ins Zentrum der feministischen Politik hat sie die drei R‘s (s.o.) gestellt.
Das langjährige Vorbild im Bereich feministische (Außen-)Politik – Schweden, verkündete mit seiner neuen rechtsgerichteten Regierung 2022 die Abkehr vom Konzept.
Kanada führte 2017 eine feministische Entwicklungspolitik ein. Unter anderem wurden Entwicklungsgelder neu zugeteilt, mit dem wesentlichen Ziel der Gleichstellung. Im Jahr 2019 wurden in Kanada bereits 89% der bilateralen Gelder vom Ausschuss der Entwicklungshilfe (DAC) mit dem Hauptziel der Gleichstellung vergeben. Im Jahr 2022 sollen 95% der kanadischen Entwicklungsgelder die die Gleichstellung zum Ziel haben.
Auch Frankreich denkt Außenpolitik feministischer und implementierte eine „feministische Diplomatie“. Länder, die dem Pionier Schweden außerdem noch folgten sind Luxemburg, Libyen, Hawaii, Norwegen und die UK (Labour Party, Women’s Equality Party und Scottish National Party). Mexiko verfolgt seit 2020 eine feministische Außenpolitik. Spanien schloss sich im Jahr 2021 ebenfalls an und legte einen besonderen Fokus auf geschlechterspezifische Gewalt. Auch die deutsche Bundesregierung hat “feminist foreign policy” im Koalitionsvertrag von 2021 verankert. Weiterhin kündigten Chile und die Niederlande eine feministische Außenpolitik an.
Allerdings: Auch wenn sich mittlerweile einige Staaten Feministische Außenpolitik nach außen auf die Fahne schreiben, ist die Umsetzung ins Innere noch lange nicht so weit fortgeschritten.
Was ist eine feministische Entwicklungszusammenarbeit?
Auch feministische Entwicklungspolitik folgt dem feministischen Grundsatz, bestehende diskriminierende und postkoloniale Machtstrukturen langfristig abzubauen. Marginalisierte Personen und Gruppen stehen bei der Konzipierung und Zielsetzung entwicklungspolitischer Maßnahmen im Vordergrund. Wie in der Außenpolitik setzt feministische Entwicklungszusammenarbeit an den Ursachen an und erkennt an, dass Menschen aufgrund von Merkmalen wie Geschlecht(sidentität), sozioökonomischem Status, Religion, Ethnizität, sexueller Orientierung, Behinderungen, Aufenthaltsstatus oder Alter unterschiedlich (Mehrfach-)Diskriminierung oder Privilegien erfahren.
Während traditionelle Entwicklungspolitik die Thematik der Gleichstellung unberücksichtigt lässt, sieht feministische Entwicklungspolitik Frauenrechte und Gleichstellung als wichtige Voraussetzung zur Beendigung von Armut und Hunger an.
Vorbildfunktion für eine feministische Entwicklungspolitik ist Kanada (s.o.).
“Wer die menschliche Gesellschaft will, der muss die männliche überwinden.”
Svenja Schulze – Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Was macht feministische Außen- und Entwicklungspolitik genau?
Weiterführende Informationen
Stand: April 2023