Die Europaratskonvention gegen Menschenhandel
Die Europaratskonvention gegen Menschenhandel stellt das erste Übereinkommen dar, das rechtsverbindlich Menschenhandel als Menschenrechtsverletzung anerkennt und den Schwerpunkt auf den Schutz der Betroffenen legt. Dabei handelts es sich um ein Novum, da vorangegangene, völkerrechtlichen Verträge, wie das Palermo Protokoll, sich lediglich auf die Kriminalitätsbekämpfung fokussierten.
Zudem hat die Konvention einen weiten Geltungsbereich, der alle Formen des Menschenhandels umfasst, unabhängig, ob diese innerstaatlich oder grenzüberschreitend und mit oder ohne einen Zusammenhang zur organisierten Kriminalität statt fanden. Zuvor wurde im Palermo Protokoll Menschenhandel ausschließlich in der Verbindung zur grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität als solches anerkannt, wodurch die Einordnung von anderen Fällen erschwert worden waren.
Außerdem spricht die Konvention sich für Maßnahmen gegen jegliche Form der Diskriminierung aus und basiert auf einem gender- und am Kindeswohl orientierten Ansatz.
Was besagt die Europaratskonvention gegen Menschenhandel?
Die Konvention basiert auf der Menschenhandelsdefinition aus dem Palermo Protokoll: Menschen anwerben, anbieten, verbringen, vermitteln, beherbergen oder annehmen durch die Anwendung unerlaubter Mittel wie Täuschung, Zwang, Drohung oder Nötigung zum Zweck der Ausbeutung. Die Ausbeutung kann die sexuelle Ausbeutung, die Ausbeutung der Arbeitskraft oder die Entnahme von Körperorganen umfassen und alle Menschen unabhängig vom Alter und Geschlecht betreffen. Die Einwilligung eines Opfers in die Ausbeutung ist für die Definition unerheblich.
Insbesondere beinhaltet die Konvention verschiedene Maßnahmen zur Prävention, Strafverfolgung und Opferschutz. Daneben werden Betroffenen besondere Rechte zugestanden, indem ein Mindeststandard an Leistungen zur Unterstützung der Betroffenen unabhängig von deren Aufenthaltsstatus festgelegt wird:
- Die Identifizierung und Information der Betroffenen zur Sicherung ihrer Rechte
- Die Bereitstellung von Rechtsschutz, Prozesskostenhilfe und staatlicher Entschädigung
- Die Gewährung einer Genesungs- und Reflexionszeit von mind. 30 Tagen
- Die Garantie einer Aufenthaltsgenehmigung als Opfer von Menschenhandel
- Die Gewährleistung einer angemessenen und sicheren Unterbringung und der Sicherung des Lebensunterhalts
- Die Ermöglichung einer umfassenden medizinischen und psychologischen Versorgung
- Die Bereitstellung von Übersetzungs- und Dolmetscher*innendiensten
- Die Ermöglichung des Zugangs zum Arbeitsmarkt und zu beruflicher und allgemeiner Bildung.
Die Einhaltung der Konvention wird durch ein Überprüfungssystem gewährleistet. Dies beinhaltet die Expert*innengruppe (Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings – GRETA) sowie das Komitee der Mitgliedsstaaten (Committee of the Parties). Die Expert*innengruppe überwacht und bewertet dabei die staatlichen Implementationen der Konvention und gibt Empfehlungen ab. Das Komitee umfasst die Minister*innen des Europarats sowie Vertreter*innen von Mitgliedsstaaten, die nicht Teil des Europarates sind. Das Komitee gibt, auf Basis der Empfehlungen der Expert*innengruppe, Vorschläge für die Umsetzung der Konvention in den einzelnen Staaten.
Die Ratifizierung der Konvention
Am 16. Mai 2005 haben die Vertragsstaaten in Warschau das Übereinkommen unterzeichnet. Inzwischen wurde die Konvention von 47 Staaten ratifiziert und ist gesetzlich in Kraft getreten. Lediglich Russland hat die Konvention weder unterzeichnet noch ratifiziert. Als einziges Nicht-Mitglied des Europarats hat Belarus die Konvention unterzeichnet.
Deutschland hat das Übereinkommen als einer der letzten Unterzeichnerstaaten erst am 28. Juni 2012 ratifiziert. Seit April 2013 ist sie in Deutschland in Kraft. Damit ist Deutschland Mitglied im ‚Committee of the Parties‘.